Alfeld - Hier kann ich es ja loswerden, liebe Alfelderinnen und Alfelder: Ich habe ein Hühnchen zu rupfen. Daran denke ich jedes Mal, wenn ich mich hier so umschaue. Alte Gebäude finde ich nämlich wunderschön. Bemalte Fensterrahmen, geschwungene Bögen, verzierte Türen, buntes Glas und gemusterte Zäune lassen mein Herz höherschlagen.
Umso glücklicher bin ich natürlich über unsere Hildesheimer Altbauwohnung mit runden Fenstern, Stuck und Blumen an der Fassade. Zumindest vorne. An unser Haus wurden nämlich Balkone nachträglich angebracht. Klasse! Aber ob die auch verspielte Fliesen, Wendeltreppen und gusseiserne Zäune haben wie die anderen Gebäude in der Nachbarschaft? Nö.
Bei uns stehen solide Stahlträger, gekreuzte Drahtseile sorgen für extra Halt, der Treppenboden sieht aus wie eine Käsereibe: Gitterrostauflage nennt man das. Industriecharme, sagt mein Partner dazu. Ich nenne es Stilbruch.
Also klar, die Konstruktion passt zwar nicht zum romantischen Look des restlichen Bauwerks, aber sie könnte wahrscheinlich ein Erdbeben überleben und ist pflegeleicht. Genau diesen Pragmatismus kann ich jedoch nicht leiden. Häuser sollten verziert sein! In Alfeld klappt es doch auch.
Noch mehr Texte von Nathalie Benkendorf.
