Vom Leben in Alfeld

Der leere Platz

Alfeld - Im Advent fällt er besonders auf: der Platz, der frei bleibt. Am Tisch, auf dem Sofa, im Gedanken. Und plötzlich wird klar, wie viel Bedeutung in dem steckt, was fehlt, meint AZ-Mitarbeiter David Paasche.

A bis Z Kolumnenbilder Paasche Foto: AZ

Alfeld - Es ist kein großes Zeichen. Kein lautes. Oft ist es nur ein Stuhl, der nicht besetzt wird. Ein Platz, an dem sonst jemand saß. Im Advent merkt man das schneller als zu anderen Zeiten. Menschen rücken enger zusammen. Die Tage werden kürzer. Und Erinnerungen kommen näher – nicht laut, aber beharrlich. Sie lassen sich nicht mehr so leicht übergehen. Der leere Platz erzählt Geschichten. Von Menschen, die früher dabei waren. Von Stimmen, die fehlen. Von Gewohnheiten, die sich verändert haben. Und von Nähe, die nicht einfach verschwindet, nur weil jemand nicht mehr da ist. Es liegt etwas Tröstliches – und zugleich Schmerzhaftes – in der Erkenntnis, dass ein leerer Platz nicht leer sein muss. Er ist gefüllt mit Erinnerungen, mit gemeinsamen Momenten, mit dem, was geblieben ist. Advent heißt nicht nur Vorfreude. Er ist auch Zeit der Erinnerung. Zeit, in der man innehält und erkennt, dass Gemeinschaft nicht daran zerbricht, dass jemand fehlt – sondern daran wächst, dass man ihn nicht ausspart. Der leere Platz erinnert daran, wie wertvoll Nähe ist. Und dass sie nicht immer sichtbar sein muss, um zu wirken. Manchmal reicht es, dass jemand fehlt, um zu zeigen, wie sehr er dazugehört hat. Vielleicht ist das eine der stillen Aufgaben dieser Zeit: Platz zu lassen. Nicht, um ihn zu füllen, sondern um auszuhalten, dass er frei bleibt. Für das, was war. Für das, was fehlt. Und für das, was bleibt.

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